Probieren Sie einmal, sich den Unterschied zwischen einem Regal gefüllt mit Formuladrinks, einem Regal voller loser Kartoffeln und einem Regal voller Tomaten plastisch vorzustellen. Was zieht Sie an, was macht Appetit? Klare Sache. Die Farbe Tomatenrot! Trotzdem werden wir, was unseren Appetit anbelangt, innere und äußere Werte in Betracht ziehen. Eine Tafel Schokolade ist eigentlich nicht besonders attraktiv. Das wird sie erst, wenn wir ihren unnachahmlichen Geschmack kennen. Die Optik ist also nicht das alleinige Kriterium, das auf uns wirkt.
Lebensmittel wirken über viele Reize auf uns. Farben sind da genauso wichtig wie Aromen oder die Form. Aber auch tradiertes Wissen sorgt dafür, dass wir ein unscheinbares oder gar schmutziges Lebensmittel verzehren. Beispielsweise ist die Kartoffel im Rohzustand genau so attraktiv wie die Schwarzwurzel oder die Gelbe Rübe. Erst, wenn wir sie in verschiedenen Zubereitungen kennen, wirken sie auf uns appetitanregend. Essen kann uns außerdem definitiv glücklich machen! Manche Genüsse sind erotisch, andere wieder exotisch. Einige streicheln die Seele, andere den Magen. Manches ist sogar ein echter Gute-Laune-Macher. Beispielsweise finden sich in frischen Bananen, Feigen oder Papaya, aber auch in der Avocado außer bioaktiven Substanzen, Mineralstoffen und Vitaminen auch Botenstoffe wie das Serotonin. Unser Serotoninspiegel sinkt im Winter und steigt im Sommer. Unter anderem deswegen steigt das Stimmungsbarometer im Frühling, denn auch die Lichtintensität kann die Serotoninproduktion ankurbeln. Nur wenige Lebensmittel enthalten diesen Glücklichmacher. Gott sei Dank kann unser Körper aber Tryptophan im Hirn in Serotonin umwandeln. Ergo: Je mehr Tryptophan wir mit der Nahrung aufnehmen, desto mehr glücklich machendes Serotonin haben wir im Blut.
Und worin ist diese Vorstufe des essbaren Glücks nun enthalten? In Amaranth, Cashewkernen, Paranüssen, Quark und Käse, Dinkel, Weizenkeimen und Sojabohnen-Produkten. Um in ausreichender Menge aufgenommen zu werden, sollte man diese Lebensmittel immer in Verbindung mit Kohlenhydraten verzehren. Pellkartoffeln mit Kräuterquark tragen genauso viel zu unserem Wohlbefinden bei wie eine Tafel Schokolade. Auch hier ist der Serotoninspiegel erhöht. Leider aber auch der Kalorienpegel! Wo die Kartoffel mit viel Vitamin C, Kalium und einer Menge Ballaststoffen aufwarten kann, bietet die Schokolade nur Zucker- und Fettkalorien. Das schmälert den Genuss zwar keineswegs, aber das Gewicht. Daher empfiehlt es sich, stets nur einen Riegel Schokolade zu naschen, nicht eine ganze Tafel. Was nützt das schnelle Glück, wenn der anschließende Blick auf die Waage Reue und Frustration nach sich zieht?
Essentielle Aminosäuren wie das Tryptophan oder das Methionin sind überhaupt wichtige Lebensbausteine. Die essentiellen müssen wir immer durch die Nahrung aufnehmen, weil der Körper sie nicht selber herstellen kann. Die nicht- und semi-essentiellen addieren sich dazu. Diese kann er zum Teil selber herstellen. Ein Organismus, der alle Vitalstoffe bekommt, die er benötigt, ist von sich aus in Balance und “glücklich”. Er meldet nirgendwo Notstand, Unter- oder Überversorgung an. Leider wirken aber Aminosäuren für sich genommen genauso wenig interessant auf uns wie Omega-3-Fettsäuren. Es sind ihre Träger, die uns Appetit machen. Vitalstoffreiche Lebensmittel wirken nicht unbedingt reizvoller auf uns als wertlose, aber sättigende. Das weiß auch die Lebensmittelindustrie. Sie macht uns mit wertlosen Kalorien glücklich. Aber: Wir sind nicht verpflichtet, darauf hereinzufallen!