Unser Körper ist eines der komplexesten Wunderwerke, die wir kennen. Längst ist er nicht hinreichend erforscht. Vieles liegt noch im Dunkeln. Das Zusammenwirken zahlloser Instanzen, Enzyme, Zellen, Vitalstoffe und Gene sorgt dafür, dass alles reibungslos funktioniert. Selbst wenn einmal etwas nicht reibungslos klappt, ist unser Körper intelligent genug, es auszugleichen. Hat er beispielsweise dank einseitiger Ernährung zu wenig Nährstoffe im Blut, bedient er sich gewisser Depots. Er kann Stoffe verwandeln, aufspalten, selber herstellen, abtransportieren oder in Speichern zurückhalten. Sein Ziel ist es, möglichst zu jedem Zeitpunkt eine Homöostase zu erreichen – einen balancierten Zustand, in dem alles bestens funktioniert.
Dies ist Teil der Erklärung dafür, warum wir schwer abnehmen und leicht zunehmen. Wir nehmen schwer ab, weil der Körper größeren Flüssigkeits- oder Gewichtsverlust als Gefahr für sich versteht und regulierend eingreift. Er hält Wasserdepots fest, will Fett- und Zuckerspeicher nicht freiwillig leeren. Aus ihnen kann er jederzeit Energie und Flüssigkeit beziehen, die er für wichtige Tätigkeiten benötigt. Andersherum stören ihn zu viele Energien in Kalorienform. Unser Körper beseitigt sie zunächst, indem er sie zwecks späterer Bearbeitung in Depots speichert. So gewinnt er Zeit und Energie, die lebenswichtigen Vorgänge bevorzugt abzuwickeln. Wir unterlaufen aber mit ständiger hochkalorischer Nahrungsaufnahme und zuckerhaltigen Getränken oder Süßspeisen seinen ursprünglichen Plan und torpedieren den Abbau der Depots. Folglich legt unser kluger Organismus weitere Depots an und vergrößert die Aufnahmekapazität der bereits vorhandenen. Er meldet Hunger und Appetit, weil er Vitalstoffe benötigt. Wenn wir nur Sättigungsbeilagen und Zuckerbrausen zu uns nehmen, wird sein Hunger nach Vitalstoffen nicht gestillt! Leider kann unser Organismus nicht detailliert melden, dass er Zink, Vitamin B und Folsäure braucht. Andererseits kann manche Heißhungerattacke vielleicht als Versuch unseres Organismus gedeutet werden, zu vermehrter Vitalstoffaufnahme anzuregen. Der plötzliche Appetit auf einen Apfel ist vielleicht ein Ruf nach Vitamin C. Der Heißhunger nach Schokolade jedoch nicht. Hier ist es der Zuckerstoffwechsel, der einen Notstand meldet. Das tut er entgegen dem eigentlichen Arbeitsplan unseres Körpers! Hier hat sich eine Organgruppe an eine bestimmte Zuckerzufuhr gewöhnen müssen und schreit nun nach mehr! Ähnlich schreit der Körper bei Unterversorgung nach Nikotin, Alkohol, Drogen oder Fett. Organe können auch unabhängig von der Schaltzentrale Bedürfnisse anmelden.
Wir müssen uns fragen, welche Instanzen wir unterstützen. Seele, Geist und Körper sind anscheinend von Anfang an zur Zusammenarbeit angehalten. Oft ignorieren wir aber, was sie brauchen und verstehen sie zuweilen nicht einmal als Arbeits-Einheit. Magersüchtige und fettsüchtige Menschen bekämpfen ihren Körper geradezu. Michael Jackson glaubte, mit Operationen, Haut-Bleichmitteln und rigoroser Essdisziplin den mitgegebenen Körper in seinem Sinne manipulieren zu können. Wir verstehen unseren komplexen Organismus meist nicht in seinen Bedürfnissen. In mancher Hinsicht können wir das auch nicht. Im Wesentlichen aber schon! Wir fahren schließlich auch nicht mit Zuckerwasser im Tank Auto! Hier ist uns klar, dass das früher oder später – meistens früher! – zu einem Kolbenfresser oder Motorschaden führen wird. Von unserem Organismus erwarten wir aber, dass er trotz gehärteter Fette, wertstoffarmer Weißmehlprodukte, klebriger Zuckerbrausen und lebensmitteltechnologisch aufbereiteter Fastfoodgerichte mit einer geschmacklichen Halbwertzeit von einer Stunde so schnittig ist wie ein Porsche Carrera.